Füße werden in der Pflege oft vernachlässigt – besonders bei schwerstkranken Menschen: Angebote aus Sicht der basalen Stimulation und der Kinästhetik
Was besteht aus 26 Knochen, 24 Muskeln, 8 Sehnen, 27 Gelenken, 107 Bändern und ca. 1700 Nervenendungen? Man spricht vom meistbeanspruchten Teil unseres Körpers: am Ende des Körpers gelegen, weit weg von der Mitte! Man kommt schlecht hin. Oft in Vergessenheit geraten und meist erst im Fokus, wenn damit etwas nicht stimmt. Ich meine den untersten Teil des Beines der durch das Sprunggelenk mit dem Unterschenkel verbunden ist. Frauen kennen sie meist nur im Zusammenhang mit Eiszapfen, Kinder mit einem Kitzelspaß, Pflegekräfte denken an Spitzfuß-Prophylaxe und pflegende Angehörige an Fersen-Dekubitus.
Unterschätzen wir nicht die Füße?
Es befinden sich angeblich mehr Sinneszellen in unseren Füßen als in unserem Gesicht. Tausende Nervenenden und Sensoren an den Fußsohlen spüren kleinste Steinchen und Vibrationen. Sie zeigen den ganzen Tag hindurch vollen Einsatz und lassen uns hunderte Schritte weit balancieren, gehen, rennen, springen, tanzen und noch viel mehr. Doch der Dank dafür: dauernd viel zu enge hohe Schuhe und selten etwas Creme oder frische Luft.
Mehr als nur der letzte Teil des Körpers
Unser komplettes Körpergewicht lagert auf diesen beiden und balanciert das Körpergewicht (plus Schlüsselbund ect.). Hier haben wir das Fersenbein, welches erstaunlich große Gewichte tragen kann. Das Fußgewölbe fungiert wie ein Stoßdämpfer. In der Fußsohle ist ein Fettpolster um Belastungen beim Gehen und vor allem Rennen abzufedern.
unten ohne: barfuß
Leider sind wir viel zu selten barfuß unterwegs! Dabei hat jede/r ständig direkten Kontakt zum Untergrund. Die Belastung wird beim Gehen gleichmäßig und harmonisch über den ganzen Fuß wie eine Welle gerollt. Dabei dürfen endlich einmal sämtliche Muskeln, Sehnen und Knochen aktiv mitarbeiten und ermöglichen eine weiche und flexible Bewegung. Dies wird in Schuhen verhindert. Schuhe stützen zu sehr. Muskeln und Sehnen verkümmern – mit der Folge von Senk-, Spreiz- und Plattfüßen.
Latschen und Treter: Schuhe
Schuhe müssen natürlich als Erstes zum Outfit passen und toll aussehen. Dann wollen wir einen perfekten Halt, Wärme und rutschfest müssen sie sein (zu mindestens im Winter). Natürlich wissen wir, dass schlecht sitzende Schuhe Hornhaut, Hühneraugen, eingewachsene Zehennägel und Schmerzen verursachen können. Langfristig sogar Verformungen von Knochen und Gelenken. Aber… guck mal… Sind die nicht super schick?
Von Quadratlatschen zu sexy Füßchen
Perfekt wäre, wenn die Füße sich weich und glatt anfühlen. Die Nägel kurz, hübsch gefeilt und vielleicht noch erstklassig bemalt sind. Sie sollten nur nach Lavendel und Rosen duften. Natürlich auch weder schwitzen noch eisekalt sein, sondern einfach nur angenehm warm.
Genuß oder Frust?
Der eine liebt eine Fußmassage, den Anderen kann man damit jagen. Klar, Füße sind hochsensibel! Aber eben auch sehr intim. Und peinlich? Meine kleine Zehe etwa, die ist sooo winzig. Auf deren Nagel passt kaum ein Reiskörnchen. Das will ich doch keinem zeigen! Daher verzichte ich auch immer auf Nagellack bzw. nehme nur unauffälligen.
Da unsere Füße gerne in Socken und Schuhen gesteckt werden ist es dort schön warm und feucht. Perfekter Nährboden zur Vermehrung von Pilzen, Viren und Bakterien. Das führt zu Fuß- und Nagelpilz, zu Dornwarzen (da Viren sich in die Hornhaut einnisten und durch den Druck nach innen wachsen), sowie „Stinkefüße“ (Bakterien zersetzen Schweiß zu Buttersäure). Und das will man nicht gerne anderen zumuten. Hinzu kommt, dass wir über mehr als 90 000 Schweißdrüsen zur Temperaturregulierung und zum Ausscheiden von Reststoffen verfügen. Niemand soll doch den klebrigen Fuß berühren, oder?
Auf der anderen Seite ist so eine gezielte Fußmassage wohltuend, vielleicht auch sinnlich. Wenn man sieht, wie viele Nagelstudios es an jeder Straßenecke gibt und wo überall Fußpflege angeboten wird, ist man leicht der Meinung, dass jeder zweite dahin geht. Auch werden unzählige Produkte für die Füße angeboten.
Was Pflegekräfte den Füßen anbieten können
In der Pflege denken wir zum Thema Füße nur an die Diabetiker oder vielleicht noch an Gefäßerkrankte. Vielleicht noch bei Durchblutungsstörungen. Schauen (oder riechen) wir genauer hin, dann auch an Fußpilz und Schweißfüße. Ich kenne auch keinen, der sich mal mit Fußreflexzonenmassage beschäftigt hat. Doch mehr gibt es doch zu dem Thema nicht, oder?
OH DOCH!
Zunächst einmal müssen wir rausfinden, wie unsere Pflegebedürftigen zu ihren Füßen stehen. Die Angebote dürfen ruhig äußerst klein sein, Hauptsache: sie werden beachtet!
- Schnappt euch also die Wärmflasche bzw. natürlich das Körnerkissen und bietet es an kalten Tagen, zum Einschlafen oder zwischendrin einfach mal an um die Füße eurer Patienten wohlig warm zu bekommen!
- Der Aufwand eines Fußbades ist auch äußerst gering. Wie wär es noch mit Zusätzen? Salz, Öl, Aromaöl?
- einfach mal die Füße zielgerichtet eincremen, vielleicht mit einem kühlenden Pfefferminz-Balsam an heißen Tagen oder einer Ingwercreme an kalten. Viel Feuchtigkeit für Hornhaut, Lavendel gegen Schweißfüße tut den Füßen gut.
- Die einzelnen Gelenke in den Füßen einmal durchbewegen. Das muss jetzt auch nicht fünfzig mal bis zur Schmerzgrenze sein. Einfach paar Mal so weit es unkompliziert geht.
- Fußgymnastik, Faszientraining, Yoga für die Füße fördert die Koordination, stärkt die Muskulatur und macht Spaß beim Ausprobieren.
Basale Stimulation der Füße
Statt eine ASE (Atemstimulierende Einreibung) vielleicht mal eine palliative Atembegleitung über den Fuß versuchen? Dafür rhythmisch mit der Atmung den großen Ballen immer wieder mit eindeutigem Druck umkreisen.
Die Füße als Körperende zu betonen macht viel Sinn, besonders bei nicht (mehr) laufenden Personen, da ihnen viele Informationen über den Fuß verloren gehen. Dazu einfach in der (Liege-)Position an den Füßen einen leichten Gegendruck anbieten, damit die Füße etwas wahrnehmen können.
An den Füßen eine Vibration anzubieten ist vorteilhaft, da wir im Alltag viele Vibrationen beim Warten auf die Straßenbahn, im Bus oder wenn neben uns jemand hüpft usw. aufnehmen. Eben nur nicht, wenn man nicht mehr läuft. Egal, ob die Vibration aus unseren Händen oder einem Gerät kommt, meist ist damit ein schönes Angebot gegeben.
Kinästhetik und Füße
Beim Sitzen sollte die Ferse immer guten Kontakt zum Untergrund haben – auch und vor allem bei kontrakten Füßen. Dazu am besten mit Waschlappen oder ähnlichem unterpolstern.
Hat der Vorderfuß zu viel Kontakt, drückt uns das nach hinten, der Rumpf verliert an Stabilität und der Kopf fällt vor.
Auch sollten die Füße nicht zu hoch sein, perfekt wäre ein 90° Winkel in den Knien und der Hüfte. Sind die Füße weiter unten kann man besser aufstehen, sind sie weiter oben lastet mehr Gewicht auf dem Po und es wird schneller unbequem.
Fuß- oder Unterschenkelorthesen verhindern die natürlichen physiologischen Bewegungen. Doch wir wissen, dass diese Bewegungen extenziell für uns sind. Daher muss der Fuß vor und nach dem Tragen der Orthese motiviert werden, sich ausgiebig zu bewegen.
Viel Spaß beim Erforschen dieser bekannten Unbekannten!
Schreibt mir unbedingt an info@basal-bewegt.de:
- Was kommt bei euren Zu-Pflegenden gut an?
- Was setzt ihr gerne ein?
- Und wie macht ihr das?
Vielen Dank und viel Spaß Martina von basal-bewegt.de