Zusammenfassung
Körperspannung ist ein oft unterschätzter Faktor, der sowohl die eigene Lebensqualität als auch die des Menschen, der betreut wird, erheblich beeinflusst. Insbesondere bei der Pflege von Menschen mit Behinderungen kann es leicht passieren, dass sich eine hohe Körperspannung unbemerkt aufbaut. Diese unbemerkte Spannung kann die Bewegungen des Betroffenen erschweren und sogar die Spastik verstärken. Ein gezieltes Reduzieren der Körperspannung bei Behinderung bietet daher eine wertvolle Möglichkeit, Bewegungen sanfter und effektiver zu gestalten.
Körperspannung ist ein oft unterschätzter Faktor, der sowohl die eigene Lebensqualität als auch die des Menschen, der betreut wird, erheblich beeinflusst. Insbesondere bei der Pflege von heranwachsenden Menschen mit komplexer Behinderungen kann es leicht passieren, dass sich eine hohe Körperspannung unbemerkt aufbaut. Diese unbemerkte Spannung kann die Bewegungen des Betroffenen erschweren und sogar die Spastik stark und langfristig verstärken. Ein gezieltes Reduzieren der Körperspannung bei Behinderung bietet daher eine wertvolle Möglichkeit, Bewegungen sanfter und effektiver zu gestalten.
Warum das Reduzieren der Körperspannung so wichtig ist
Im Alltag der Pflege und Unterstützung von Menschen mit schwerer Behinderung ist es leicht, die eigene Körperspannung zu übersehen. Dabei spielt diese für die Lebensqualität des unterstützten UND assistierenden Menschen eine entscheidende Rolle. Ein Beispiel aus meiner täglichen Arbeit macht das sehr deutlich:
Im Sinne der individuellen häuslichen Schulung besuche ich Familien direkt zu Hause und begleite bei alltäglichen Aktivitäten. Neulich besuchte ich eine Familie, die ihren Sohn mit komplexer Behinderung betreut. Der Jugendliche hatte gerade ein schönes freudiges Spiel im freien Sitz auf dem Boden hinter sich. Doch dann sollte er in den Therapiestuhl: Der Vater beugte sich zu ihm runter, packte ihn unter den Achseln und zog ihn hoch.
Was geschah? Die Entspannung des Spiels war sofort vorbei. Der junge Mann streckte sich durch, seine Spannung stieg auf gefühlte 130%. Sein Körper war wie ein Brett auf dem Stuhl, die Schulterblätter drückten gegen die Lehne und das Becken bewegte sich nicht. Gleichzeitig stieg auch die Spannung des Vaters, der, um den Transfer schneller zu gestalten, ebenfalls in eine hohe Körperspannung ging. Beide atmeten flach, ihre Muskeln waren angespannt, ihre Herzfrequenz stieg. Keiner von beiden nahm sich selbst wahr – sie waren nur auf den jeweiligen Körper des anderen fokussiert und schienen die Situation nicht verändern zu können.
siehe auch: individuelle häusliche Schulung – ein Angebot für pflegende Angehörige ihrer Krankenkasse
Warum entsteht hohe Körperspannung?
Körperspannung überträgt sich extrem schnell zwischen Personen – besonders wenn sie sich nah sind. Ich merke sehr schnell, wenn es meinen Lieben nicht gut geht. Da reicht ein Blick von weiten und ich bin schon in einer hohen muskulären Erwartungshaltung. Im Körperkontakt überträgt sich die Spannung noch schneller. Eine Umarmung lügt nicht, spätestens hier spüre ich sofort, was Sache ist.
Bin ich jetzt auch noch in einer ungünstigen Position, wie einem runterbeugen bzw. im Therapiestuhl liegend statt stehend, dann erhöht sich meine Körperspannung noch mehr. Trage ich jetzt auch noch Gewicht, erhöht sie sich weiter. Ist mein Gegenüber nun auch noch angespannt, dann ist sie noch höher.
Allerdings spürt man die eigene Körperspannung oft nicht. Es ist schon echt schwer sich selbst zu fühlen, wie soll man das denn noch, wenn ich gedanklich und körperlich so eingenommen werde? Besonders bei so einer komplexen Aufgabe wie dem Weg vom Boden in den Stuhl bin ich doch mit meinem Fokus ausschließlich nur bei meinem Gegenüber, evtl. auch noch bei anderen akuten Sachen (Geschwisterkinder managen, Essen nicht anbrennen lassen, Zeit im Blick behalten).
Man merkt oft nicht, wie hoch die eigene Spannung ist. Auch der Vater konnte es nicht, „muss ja“, „meinen Kleinen kann ich wohl noch heben, da ist ja nix dran“. Oft merken wir es erst, wenn der Kiefer entspannt, dass wir die Zähne zusammengebissen haben. Und so steigt und steigt die eigene Anspannung.
siehe auch: Blogbeitrag Anfassen kann jeder – Berühren ist eine Kunst! oder auch Kontaktaufnahme mit pflegebedürftigen Menschen
Wie reduziert man die Körperspannung?
Um diesen Teufelskreis akut zu durchbrechen, ist es entscheidend, die eigene Körperspannung aktiv wahrzunehmen und bewusst zu reduzieren:
-
- Nehmen Sie eine stabile Position ein, in der Sie sich gut bewegen können (das ist kein runter beugen!),
-
- lassen Sie Schultern sinken,
-
- Atmen Sie mit geschlossenen Augen einmal tief ein und aus,
-
- Konzentrieren Sie sich auf den Weg (vom Boden in den Stuhl) statt auf das Ziel (im Stuhl sitzen).
Natürlich sollte man da nicht nur in der brenzligen Situation drauf achten, sondern schon ganz gezielt im Tagesablauf: Was hilft mir um mich zu entspannen, Badewanne, joggen oder beides? Wer/Was kann mich zum lachen bringen? Wann habe ich mal einen ganzen Tag nur für mich?
Nicht umsonst boomt die Entspannungsbranche mit Wellnessangeboten, Yoga und Co.
Die Kunst ist es zu spüren, wie unsere Muskelspannung ist, ehe sie zu hoch ist.
Um dem Jugendlichen aus seiner prekären Lage liegend auf dem Therapiestuhl zu befreien, habe ich mich auf einen Stuhl vor ihm gesetzt und ihn Möglichkeiten gegeben seine eigenen Fähigkeiten einzusetzen: Seine Füße nacheinander auf das Fußbrett stellen, den Oberkörper nach vorne bringen, dass er seinen Kopf und seine Arme wieder einsetzen kann ehe dann die Bewegung startet sich im Sitzen zur Lehne hin zu bewegen.
Körperspannung reduzieren bei Behinderung – Ein einfaches Prinzip für mehr Bewegungskraft
Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, dass wir die Körperspannung bewusst regulieren – sowohl bei uns selbst als auch beim Betroffenen. Ein achtsamer, langsamer Transfer, bei dem beide ihre eigenen Bewegungsfähigkeiten einbringen können, führt zu einer besseren Bewegungskontrolle und reduziert die Gefahr, dass die Spannung zu einem Problem wird.
So wie der Jugendliche mit seiner komplexer Behinderung lernen kann, sich sanft zu bewegen und mehr Kontrolle über seinen Körper zu gewinnen, können auch pflegende Angehörige lernen, ihre eigene Körperspannung zu regulieren und sich in Bewegung zu bringen, ohne unnötige Belastung zu erfahren.
Warum das Reduzieren der Körperspannung bei Behinderung so wichtig ist
Wenn wir als Betreuende die Körperspannung aktiv reduzieren, wird es den Menschen mit Behinderung leichter fallen, sich ebenfalls zu entspannen und die Bewegungsfreiheit zu erhöhen. Viele junge Menschen, die in ihrer Bewegung von anderen unterstützt werden, erleben die Welt hauptsächlich durch den Körperkontakt der anderen. Wenn wir es schaffen, unsere eigene Körperspannung zu reduzieren und die Bewegung zu erleichtern, geben wir ihnen die Möglichkeit, mehr Selbstbestimmung in ihre Bewegungen zu integrieren.
Der Transfer wird nicht nur körperlich leichter, sondern auch emotional entlastend – für alle Beteiligten. Beide Seiten erfahren mehr Leichtigkeit, weniger Stress und können die Situation mit mehr Gelassenheit und Achtsamkeit bewältigen.
Lassen Sie uns gemeinsam den nächsten Schritt gehen!
Sie fragen sich, wie Sie das nun in Ihrem Alltag umsetzen können? Lassen Sie sich von mir unterstützen!
Tragen Sie sich ein, um regelmäßig wertvolle Tipps zu erhalten, die Ihnen helfen, die Lebensqualität für junge Menschen mit Behinderung und ihre Angehörigen zu verbessern. So bleiben Sie immer auf dem neuesten Stand und bekommen praktische Ideen direkt in Ihr Postfach – ideal für die Umsetzung im Alltag!